Ungleichheiten sind unserer Gesellschaft inhärent, sie machen unser Menschsein aus – so werden diese auch positiv gewertet, wenn von Vielfalt die Rede ist und im kollektiven Sinn aus der Vielfalt geschöpft werden kann. Ungleichheiten werden jedoch zum gesellschaftlichen Problem, wenn auf Basis dieser Vor- bzw. Nachteile für bestimmte Bevölkerungsgruppen (die in irgendeiner Weise anders, speziell, fremd bzw. nicht der Norm entsprechend sind) produziert, gerechtfertigt und reproduziert werden. So kann es als soziale Ungerechtigkeit betrachtet werden, dass Bildungschancen in Österreich nach wie vor vererbt werden. Wer welche Bildungswege gehen und später entsprechend bessere oder schlechtere Positionen in der Gesellschaft einnehmen kann, wird in Österreich nach wie vor stark von der jeweiligen Herkunft bestimmt (Nairz-Wirth et al. 2017; Zaussinger et al. 2016; Böheim/Judmayr 2014). Gleichzeitig ist die österreichische Bildungslandschaft von dem meritokratischen Glaubenssatz „Wer will der kann!“ geprägt. Dieser dient unter anderem als Rechtfertigung dafür, an einem selektiven Schulsystem festzuhalten, dass auf dem Prinzip der Vererbung von Bildungschancen beruht. Wenn man jedoch die Gegenfrage „Wer kann eigentlich wollen?“ stellt, wird klar, dass die Möglichkeiten und auch die Fähigkeiten zu wollen, was einem wirklich entspricht, also eigene Begabungen und Vorlieben zu entdecken, an vielfältige Bedingungen geknüpft sind. Je nach sozialem Kontext, der einen von klein an prägt, kann die Selbstentfaltung eines Menschen mehr oder weniger gefördert oder auch verhindert werden. Wenn Leistung als ausschließliches Selektionsprinzip zur Anwendung kommt und die soziale Herkunft keine Beachtung findet, werden Ungleichheiten im Bereich Gender, Behinderung, Migrationshintergrund, Religion, Mehrsprachigkeit, finanzielle Ausstattung und regionale Gegebenheiten sehr schnell zu Ungerechtigkeiten.
Die Lehrveranstaltung basiert auf der Annahme, dass die Wahrnehmung von Bildung und Chancenungleichheit so früh wie möglich als Bildungsinhalt mit Kindern, Eltern, Pädagogen und Pädagoginnen bearbeitet werden muss, um im Bildungsverlauf Wirkung zu zeigen. Darauf aufbauend wird mit den Studierenden auf partizipative Weise (im Sinne des forschenden Lernens) ihre Sicht auf Bildung und Chancengleichheit erforscht. Es geht dabei gleichzeitig auch um ein Nachdenken und Lernen über Bildung, um das Erkennen und die Anerkennung von Ungleichheiten sowie um das Entwickeln von Sensibilität für Situationen und Zusammenhänge, in denen Ungleichheiten zu Ungerechtigkeiten werden.
Den methodologischen Rahmen der Lehrveranstaltung bietet das Konzept der „Transformativen Forschung und Bildung“ (WBGU 2011). In diesem Zusammenhang wird im Sinne des „Forschenden Lernens“ (BAK 2009) gearbeitet. Als methodisches Kernelement dient die „Generative Bildarbeit“ (Brandner 2017) als Wahrnehmungs-, Interaktions-, Dialog- und Reflexionsform. Es handelte sich dabei um einen reflexiven, partizipativen, prozessorientierten Lern- und Forschungsprozess.
Die Studierenden erarbeiten sich basierend auf der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Bildungsbiografie einen eigenen Zugang zum Thema, setzen sich auf dialogische Weise mit bestehenden Bedingungen sozialer Ungleichheit auseinander und erarbeiten Handlungsmöglichkeiten für den Berufsalltag als Elementarpädagogen und -pädagoginnen.
Team: Vera Brandner
Ort: Österreich, Innsbruck
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